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Selbst den Winter uber bleiben sie in diesen wilden
Regionen, und steigen nur in tieffere Thäler hinab
wen Unwetter bevorsteht. Im Fruhling geschieht
es zuweilen, das bey ploezlich eintrettendem Schnee
und Kälte sich einige bis in das Thal um Altdorf
hinab verlieren. Um zu brüthen steigen sie im
Frühjahr etwas tiefer hinab, und nisten gewöhn-
lich in der Felsenregion, wo Pinus mughus das letzte
Nadelholz bildet in Felsrizzen, Alphütten, in
Ursern selbst in den Doerfern Andermatt, und
Hospenthal, wo er in Mauerloecher, und unter die
Dächer ein kunstlich mit Pferdhaar, Wolle, und Federn
gefüttertes dem des Buchfinken ehnliches Nest
baut, und hier bis finf ganz weisse Eÿer legt. Bey
40 aufgefundenen Nestern fand Herr Nager das die
jungen Voegel einen ganz gelben Schnabel haben,
den sie behalten bis künftigen März, wo der Rüken
desselben anfänglich braun dan voellig schwarz wird.
Wie die Bewohner entlegener Alpenthäler scheinen
auch die Schneefinken sehr neugierig zu seÿn.
Vor zweÿ Jahren nehmlich, als ich auf dem Schwal-
mis mich umkleidete und auf diesem hohen Grat
im Hemde stand kam auf ein mahl eine Schaar
Schneefinken vom Brisen gegen mich angeflogen,
setzte sich nahe beÿ mir auf die Erde, und gafte
die ungewohnte Erscheinung recht neugierig an.

70.  Fringilla canabina   Hänfling. Es mag seyn, das er auch
in unseren Gebürgswaldungen nistet. Ich sah zu
dieser Zeit aber nie einen, obwohl sie Frühling,
Herbst und Winter in den Erlen Schächen, und
Gärten um Altdorf nicht so selten sind, besonders
sieht mann im Herbst oft grose Schaaren durchziehn.

Ursern besuche er auf dem Zuge Ende Oct und Nov massenweise
im Frühling wurde er aber selten oder nie bemerkt,
Sommer sollen sie Berge lieben so Tschudi 71.  Fringilla carduelis   Distel. vom Frühling bis in den
Späthherbst gemein um Altdorf doch nicht häuffig.
Die meisten ziehen im Herbst weg und werden dan
auch in Ursern gesehen einzelne jedoch bleiben
den ganzen Winter über da und streichen mit
dem Zeissig in den Erlengehoelzen umher.