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Aktueller Artname

Neophron percnopterus (Linnaeus, 1758) ?                                   

Schmutzgeier

Foto Wikipedia

Artname bei Karl Franz Lusser

Vultur percnopterus Gmelin

Schmutziger Aasgeier

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Text von Karl Franz Lusser

Vultur leucocephalus Meyer, (Illiger Cathartes) [durchgestrichen] percnopterus Gmel. + Schmuziger Aasgeÿer. Dieser so schöne und in der Schweiz seltene Vogel wurde meines Wissens schon zweimal geschossen. Ein Pärchen scheint im Sommer 1812 am südlichen Abhang des Axenberges genistet zu haben, von wo das Paar täglich die umliegenden Gebirge besuchte. Am westlichen Abhang der gegenüberliegenden Schartialp, in der einsamen umwaldeten Wiese Blattibergli, ist das Männchen endlich getötet worden. Es kam in die Sammlung von Herrn Ziegler in Winterthur. Das Weibchen wurde hierauf nicht mehr gesehen. Ein Weibchen ist 1827 in Schattdorf zu Bötzlingen an der Gand Ende April getötet worden. Es befinde sich jetzt in der Sammlung von Professor H. Schinz in Zürich. Ich habe es von Ratsherr Stättli [?] gekauft und H Dr. Schinz abgetreten.

Kommentar aus heutiger Sicht

Die Aufzeichnungen von Lusser sind etwas verwirrend. In seiner Liste (Randspalte, Seite 325) nennt Lusser als Tier Nummer eins den „Vultur fulvus L.“, was eindeutig den Gänsegeier „Gyps fulvus (Hablizl, 1783)“ bezeichnet. Im Text nennt er bei Nummer eins jedoch „Vultur leucocephalus, Meyer“, streicht danach den handgeschriebenen „Cathartes Illiger“ durch, lässt im Text den Artzusatz „percnopterus Gmel“ stehen und nennt das Tier Schmutzigen Aasgeier. Bei „Vultur percnopterus Linnaeus, 1758“ handelt es sich um den Schmutzgeier (Neophron percnopterus, Linnaeus 1758). Dieser Greifvogel kommt von Südeuropa bis Zentralasien sowie in Afrika und Südasien vor. U.N. Glutz von Blotzheim hat am 22.5.2004 auf dem Oberberg an der Ibergeregg SZ, also nicht weit vom Kanton Uri entfernt, einen Schmutzgeier nachgewiesen. In Mitteleuropa ist der Schmutzgeier ein gelegentlicher Irrgast. Das Geiermännchen von der Schartialp befindet sich gemäss dem Verzeichnis der Wirbelthiere von H.R. Schinz (1837) in der Sammlung des Herrn Ziegler-Steiner in Winterthur. Auskunft vom 27.3.2021 von Dr. Raffael Winkler (ehem. Kustos der Vogelsammlung des Naturhistorischen Museums Basel): Dr. Ernst Sutter hat die Zoologische Sammlung des Naturmuseums Winterthur am 5.10.1960 besucht und alle faunistisch relevanten Vogelpräparate auf einer Liste notiert. Darunter sind weder ein Gänse- noch ein Schmutzgeier. Dr. Sutter war Kustos-Vorgänger von Raffael Winkler und äusserst gründlich. Gänsegeier (Gyps fulvus) sind in der Schweiz in neuerer Zeit des Öfteren gesichtet worden. Es gibt auch Urner Beobachtungen, so beispielsweise von Pro Natura Schutzaufseher Beat Zgraggen am 7. Sept. 2020 im Meiental. Es muss also offenbleiben, um welche Geierart es sich bei den Notizen von Lusser gehandelt hat.