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Aktueller Artname

Gypaetus barbatus (Linnaeus, 1758)                                   

Bartgeier

Foto Urs Wüthrich

Artname bei Karl Franz Lusser

Gypaetus barbatus Cuv.

Lämmergeyer

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Text von Karl Franz Lusser

Der Lämmergeier, dieser Gemsen- und Lämmerräuber, ist im Sommer und Winter bei uns, doch immer selten. Er ist in den höchsten Gebirgen zu Hause. Das Weibchen scheint immer den braunen Kopf zu behalten und nur das Männchen im Alter einen weissgelben zu bekommen. Wenigstens erhielt ich ein Weibchen mit braunem Kopf, das offenbar Spuren zeigte, dass es auf Eiern sass. Der glaubwürdige Mann, von welchem ich es erhielt, versicherte mir, dass er dieses Weibchen am Ende der Ruppletenalp [Maderanertal, Silenen] in ein Felsenloch am Düssistock oft habe ein- und ausfliegen sehen. Es habe dort vermutlich ein Nest gehabt. Endlich sei es ihm gelungen das Tier mit einem Fuchseisen zu fangen, welches zuvor auf einer totgefundenen Gämse befestigt wurde.

Kommentar aus heutiger Sicht

Der Bartgeier wurde bei Fatio und Studer (1892) als seltene oder sehr seltene Art mit einem Stern markiert. Der Bartgeier wurde in der Schweiz Ende des 19. Jh. ausgerottet, bevor am 3. Juni 1991 ein erfolgreiches Projekt zur Wiederansiedelung im Schweizerischen Nationalpark gestartet wurde. Bei der Zucht für dieses internationale Vorhaben wirkte auch der Tierpark Goldau aktiv mit. Neuere Beobachtungen von Bartgeiern wurden seither auch im Kanton Uri gemacht, so namentlich im Oberalptal, bei Realp, in der Furkapassregion und bei Gurtnellen. Der von Lusser erwähnte braune Kopf des Bartgeiers entsteht, wenn sich das Tier mit Eisenoxid imprägniert. Beide Geschlechter suchen gezielt Wasserstellen auf, welche eisenoxidhaltige Sedimente enthalten. Durch das ausgiebige Baden in solchen Pfützen färbt sich vor allem das Brustgefieder leuchtend orange-rot. Ob dieses Verhalten dazu dient, sich zu schmücken oder ob die Eisenoxide helfen, bei der Brut das Ei vor Infektionen zu schützen, ist nicht geklärt. Eisenhaltiges Gestein gibt es auch im Maderanertal, wo sogar noch ein alter Schmelzofen steht.